Die Universität Bern hat neue Zahlen zur Schweizer Softwareindustrie veröffentlicht. Die Studie zeigt, dass die Branche noch am Anfang steht, was den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) betrifft.
Die aktuellen Ergebnisse des Swiss Software Industry Survey (SSIS) der Universität Bern liefern verlässliche Kennzahlen zur Umsatz- und Mitarbeiterentwicklung der hiesigen Softwareindustrie. Das Fokusthema der diesjährigen Studie ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Schweizer Softwarebranche. Die Studie zeigt, dass die Schweizer Softwarebranche beim Einsatz von KI noch am Anfang steht. Dabei gibt es klare Unterschiede, in welchen Bereichen KI bereits zum Einsatz kommt – und wo noch grosses Potenzial schlummert. KI automatisiert Routineaufgaben in der Softwareentwicklung wie Code-Reviews, Fehlererkennung und Dokumentationserstellung. Sie unterstützt Entwickler durch Mustererkennung, Vorhersage und Codegenerierung. Trotz des Potenzials stehen Unternehmen vor Herausforderungen wie Datenschutz, fehlendem Know-how und der Integration von KI in bestehende Prozesse.
KI-Experimente
Der SSIS beleuchtet, wie die Schweizer Softwareindustrie künstliche Intelligenz einsetzt. Bereits 46,8% der Unternehmen setzen KI bei der Entwicklung und Dokumentation von Softwarecode ein. Bei der Wartung von Software setzen 41,5% auf KI. Weniger verbreitet ist der Einsatz in Design, Test und Analyse. Besonders auffällig: In den Bereichen Planung und Integration fehlt es vielen Unternehmen an Wissen über KI-Technologien, die hier Potenziale bieten könnten. Obgleich ein wachsendes Interesse zu verzeichnen ist, zögern viele Unternehmen, Künstliche Intelligenz vollständig zu integrieren. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass 58 % der Unternehmen ihre KI-Systeme nicht mit eigenen Daten trainieren. Dadurch wird eine Anpassung an unternehmensspezifische Bedürfnisse erschwert und das volle Potenzial der KI bleibt ungenutzt. Ein weiterer Aspekt ist, dass 86,2 % der Unternehmen, die KI nutzen, dies erst in den vergangenen 18 Monaten getan haben. Dies ist in hohem Masse beeinflusst vom Hype um generative KI und den jüngsten technologischen Fortschritten. Um mit der Entwicklung Schritt zu halten, müssen Schweizer Softwareunternehmen weiterhin Zeit und Ressourcen investieren.
Mangelnde strategische Ausrichtung
Zwei Drittel der Schweizer Softwareunternehmen sehen in KI einen erheblichen Mehrwert für ihre Geschäftstätigkeit. Doch in der strategischen Planung spiegelt sich dieses Potenzial kaum wider: Nur ein Drittel der Unternehmen hat eine klare Vision für den Einsatz von KI, und weniger als 30 % verfügen über eine konkrete Strategie. Das deutet darauf hin, dass viele KI-Initiativen von unten, also durch die Entwickler, vorangetrieben werden. Dennoch wäre es wichtig, das Thema stärker auf strategischer Ebene zu verankern, um langfristig Wettbewerbsvorteile zu sichern. In Bezug auf Governance sind die Softwareunternehmen eher zurückhaltend. Informelle Ansätze wie die Förderung des abteilungsübergreifenden Austauschs und Mitarbeiterschulungen sind weit verbreitet. Formale Strukturen sind dagegen selten: Nur 12,4 Prozent der Unternehmen haben spezielle Steuerungsgremien für KI, in 31 Prozent sind klare Verantwortlichkeiten definiert. Diese Zurückhaltung könnte darauf zurückzuführen sein, dass der Umgang mit KI noch mit vielen Unsicherheiten behaftet ist und informelle Praktiken als flexibler und innovationsfördernder angesehen werden.
Zukunft der KI-Nutzung: Wachstum geplant
Trotz begrenztem aktuellem Einsatz planen die meisten Unternehmen, ihre Investitionen in KI deutlich zu steigern. 69,9 Prozent wollen den Einsatz von KI in der Softwareentwicklung ausweiten, und 65,8 Prozent beabsichtigen, dafür die Ausgaben spürbar zu erhöhen. Zudem setzen 62,3 Prozent darauf, ihre Mitarbeitenden besser im Umgang mit KI zu schulen, um die Technologie effektiver in den Arbeitsalltag zu integrieren. Die Wachstumserwartungen bleiben laut der aktuellen Studie positiv. Die Schweizer Softwareunternehmen erwarten ein Umsatzwachstum von 5.3 Prozent im Jahr 2024 und 8.3 Prozent im Jahr 2025. Der Druck auf die Margen bleibt jedoch hoch. Wie im Jahr 2022 werden die EBIT-Margen auch im Jahr 2023 unter zehn Prozent liegen (9.1%). Die Investitionen in die Forschung und Entwicklung nehmen leicht ab (von 5.9% im Jahr 2022 auf 4.4% im Jahr 2023). Besonders die Hersteller von Standardsoftware investieren im Jahr 2023 deutlich weniger ihres Umsatzes in die Forschung und Entwicklung (15.3%). Der Auslandsanteil am Umsatz steigt bis 2023 leicht von 7 % auf 7,5 %, bleibt aber insgesamt auf niedrigem Niveau. Wichtigster Exportmarkt bleibt Deutschland. Im Inland spielt die öffentliche Hand nach wie vor eine wichtige Rolle, allerdings ist der Umsatzanteil in diesem Bereich zurückgegangen: 2022 erwirtschaftete die Schweizer Softwareindustrie noch 22,5 % ihres Umsatzes mit öffentlichen Aufträgen, 2023 waren es nur noch 16,1 %.