Das Schweizer Handynetz ist am Anschlag

Bild: Pixabay/geralt

Typography
  • Smaller Small Medium Big Bigger
  • Default Helvetica Segoe Georgia Times

Die über das Mobilfunknetz übertragene Datenmenge hat sich in zehn Jahren um den Faktor 200 vervielfacht. Das zeigt eine umfassende Studie des Forschungsinstituts Sotomo im Auftrag von Succèsuisse. Ländliche Gebiete trugen überdurchschnittlich zum Datenwachstum bei und verkleinerten den digitalen Stadt-Land-Graben. Gleichzeitig stieg die Anzahl Mobilfunkstandorte, die an ihre Kapazitätsgrenzen stossen.

Das Erfolgsmodell Schweiz basiert auf der Offenheit für Fortschritt und Innovation. Insbesondere die Digitalisierung bietet für unser Land grosse Chancen. Um diese zu nutzen, ist eine moderne und zuverlässige Kommunikations-Basisinfrastruktur zwingend. Die Unternehmerbewegung Succèsuisse hat sich zum Ziel gesetzt, der Bevölkerung die Erfolgsfaktoren der Schweiz aufzuzeigen. In einem ersten Schritt soll die Zuverlässigkeit unserer Mobilfunkinfrastruktur im Zentrum stehen. Succèsuisse hat deshalb das Forschungsinstitut Sotomo mit der Analyse der Entwicklung der mobilen Datennutzung beauftragt.

Exponentielles Datenwachstum

Die Studie untersuchte, erstmals umfassend und räumlich differenziert, die mobile Datennutzung in der Schweiz von 2010 bis 2021. Die Autoren zeigen eine starke Nachfrage der Bevölkerung an mobilen Diensten auf. Heute sind im Vergleich zu 2010 rund dreimal so viele Smartphones im Einsatz. Gleichzeitig stieg das übertragene Datenvolumen überproportional an: Heute werden 200-mal mehr Daten übertragen als noch vor zehn Jahren. Der Trend hält ausserdem weiter an. Die Datennutzung verdoppelt sich exponentiell alle zwei bis zweieinhalb Jahre.

Ländliche Gebiete als Treiber

Besonders zu dieser Entwicklung beigetragen haben ländliche Gebiete. Eine Analyse nach Gemeinden zeigt nicht nur, dass kein digitaler Graben zwischen Stadt und Land mehr existiert. In absoluten Zahlen weisen ländliche Gebiete, insbesondere der Alpenraum, sogar den höchsten durchschnittlichen Datenverbrauch auf. «Gerade in abgelegenen Regionen mit einer wenig entwickelten Netzinfrastruktur sind mobile Daten heute besonders wichtig», erläutert Sotomo-Geschäftsführer und Studienleiter Michael Hermann.

Netze am Anschlag

Die Studie hat weiter die Auslastung der Netze untersucht. Das starke Wachstum konnte in den vergangenen Jahren nur beschränkt mit einer Erweiterung der Kapazitäten kompensiert werden. Grund dafür ist, dass die Möglichkeiten der heute verwendeten 4G-Technologie ausgeschöpft sind. Insbesondere seit Anfang 2019 nahmen Netzüberlastungen überproportional zum Wachstum zu. «Ohne Modernisierung mit der neuen fünften Technologiegeneration (5G) werden wir in Kürze bedeutende Systemausfälle sehen. Es ist wie im Feierabend-Verkehr: Lange läuft der Verkehr flüssig, plötzlich kippt aber das System, ein Stau bildet sich und es geht nichts mehr», sagt Michael Hermann.

Temporäre Erleichterung durch Corona

Die Corona-Pandemie hat die prekäre Netzsituation durch die eingeschränkte Mobilität temporär etwas entschärft. Die vermehrte Arbeit von zuhause und die Verschiebung vom öffentlichen auf den Individualverkehr hat Pendlerspitzen gebrochen und Belastungspeaks in Ballungszentren reduziert. Dadurch verteilte sich die Datennutzung besser über den ganzen Tag und es kam zu weniger Datenstaus. Heikel werde es mit der Lockerung der Pandemie-Massnahmen: «Die mobile Datenmenge ist auch in der Pandemie grösser geworden. Wenn sich bei einer Normalisierung der Pendlerbewegungen wieder intensivere Belastungsspitzen bilden, werden wir neue Ausfälle sehen. Wir müssen deshalb jetzt handeln», sagt Ruedi Noser, Mitglied der Trägerschaft von Succèsuisse und FDP-Ständerat.

Succèsuisse setzt Arbeitsgruppe ein

Verzögerungen in der Modernisierung des Mobilfunknetzes sind nicht die einzigen Baustellen in der Schweizer Digitalisierung. «Wir spüren eine gewisse Zurückhaltung bei Technologie- und Digitalisierungsthemen. Das ist schädlich für den Wirtschafts- und Innovationsstandort Schweiz», sagt Ruedi Noser. Succèsuisse will sich deshalb zukünftig stärker für zeitgemässe Rahmenbedingungen und eine moderne Kommunikations-Basisinfrastruktur einsetzen, mit denen die Schweiz die Chancen der Digitalisierung bestmöglich nutzen kann. Dazu wird in den nächsten Wochen eine Arbeitsgruppe aufgebaut, die sich politisch für eine fortschrittliche und innovative Schweiz engagiert.