Deepfake mit Puls

Bild: Unsplash/Alexander Sinn

Typography
  • Smaller Small Medium Big Bigger
  • Default Helvetica Segoe Georgia Times

Deepfakes werden immer raffinierter und jetzt schlagen sie sogar im Takt. Eine neue Studie der Humboldt Universität zeigt, dass KI generierte Videos realistische Herzschläge vortäuschen können und das ist eine Herausforderung für klassische Erkennungsmethode

Deepfakes sind längst keine grobpixeligen Internet-Scherze mehr. Was einst mit verzerrten Mündern und leeren Blicken begann, entwickelt sich rasant zu einer High-End-Technologie mit erschreckender Präzision. Der neueste Meilenstein: KI-generierte Videos, die nicht nur realistisch aussehen – sondern sogar einen glaubwürdigen Herzschlag vortäuschen können. Das zeigt eine aktuelle Studie von Prof. Dr. Peter Eisert und seinem Team an der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Forschenden entwickelten ein System, das Herzfrequenzen anhand von minimalen Farbveränderungen in der Gesichtshaut – ein Verfahren namens Remote Photoplethysmography (rPPG) – aus Videoaufnahmen extrahiert. Dabei sollte geprüft werden, ob sich echte und gefälschte Videos anhand biometrischer Signale unterscheiden lassen. Die Überraschung: Auch bei bekannten Deepfakes erkannte der Detektor einen scheinbar plausiblen Puls – mit Abweichungen von nur zwei bis drei Schlägen pro Minute gegenüber echten EKG-Daten. Der Puls war da. Doch das Leben fehlte.

„Unsere Experimente haben gezeigt, dass aktuelle Deepfakes zwar einen realistischen Herzschlag zeigen, aber keine physiologisch realistischen Variationen des Blutflusses über Raum und Zeit innerhalb des Gesichts“, sagt Eisert.

Mit anderen Worten: Was täuschend echt wirkt, verrät sich nur durch winzige Unstimmigkeiten in der Verteilung der Blutfluss-Signale – ein Detail, das für das menschliche Auge kaum erfassbar ist. Brisant ist zudem, dass diese Effekte oft unbeabsichtigt entstehen. Viele Deepfake-Modelle übernehmen bei der Generierung subtilste Helligkeitsverläufe oder Bewegungsmuster aus den Trainingsdaten – einschliesslich Puls-ähnlicher Signale. So entsteht eine „vererbte Authentizität“, die die Erkennung deutlich erschwert. Die Studie belegt eindrucksvoll: Klassische Deepfake-Detektionsmethoden stossen an ihre Grenzen. Wenn selbst biometrische Merkmale wie der Herzschlag synthetisch überzeugend wirken, braucht es neue, robuste Verfahren – idealerweise multimodal und adaptiv. Die Detektion darf sich nicht auf ein einzelnes Signal verlassen, sondern muss ein ganzheitliches Bild der „digitalen Physiologie“ erfassen.

Fazit: Der Kampf gegen Deepfakes ist längst kein rein technisches Katz-und-Maus-Spiel mehr. Es geht um das Fundament unserer digitalen Vertrauenswürdigkeit – und darum, wie lange wir noch sicher sein können, dass unser Gegenüber im Video wirklich lebt. (aso)


Quelle:
Peter Eisert et al.: Remote Heart Rate Estimation and Deepfake Detection, Humboldt-Universität zu Berlin.

Wir verwenden Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind für den Betrieb der Website von wesentlicher Bedeutung, während andere uns dabei helfen, diese Website und die Benutzererfahrung zu verbessern (Tracking-Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie Cookies zulassen möchten oder nicht. Bitte beachten Sie, dass Sie möglicherweise nicht alle Funktionen der Website nutzen können, wenn Sie sie ablehnen.