Corona fördert Konsum auf Pump

Bild: Pixabay/Preis_King

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Die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten kaufen trotz coronabedingtem Konsumeinbruch 2020 online so viel ein wie noch nie zuvor. Eine Analyse von Comparis zeigt: Über vier Fünftel der Online-Shopper kaufen auf Pump auf Rechnung oder mit der Kreditkarte – Tendenz steigend.

«Viele verschaffen sich mit einem Zahlungsaufschub Spielraum auf dem Konto. Gerade bei höheren Beträgen kann das in der gegenwärtigen Situation aber ins Auge gehen», warnt Comparis-Consumer-Finance-Experte Michael Kuhn. Zum Schutz vor Zahlungsausfällen haben Firmen eigene Datenbanken zur Kreditwürdigkeit aufgebaut.

Der private Konsum in der Schweiz ist im Zuge von Corona massiv eingebrochen. Derweil erlebt das Online-Shopping einen Boom. Die Umsätze liegen gemäss einer Analyse des Online-Vergleichsportals Comparis.ch bei einigen Händlern derzeit um bis zu 50 Prozent über dem Vorjahr. Der morgige Black Friday wird den Online-Shops noch zusätzlichen Schwung verleihen.

Die Verlagerung in den E-Commerce hat allerdings eine Schattenseite. Vier Fünftel der Online-Shopper zahlen ihre Käufe nicht direkt, sondern kaufen auf Pump. So zeigen die Zahlen des Comparis-Bonitätspartners CRIF, dass gut 79 Prozent der Online-Bestellungen in der Schweiz per Rechnung bezahlt werden. Beim Online-Fachhändler Brack.ch sind es 70 Prozent, bei Migros.ch rund 50 Prozent und beim zur Migros-Gruppe gehörenden Branchenprimus Digitec / Galaxus rund 33 Prozent. Bei letzterem ist der Anteil der Rechnungszahlungen 2020 nach eigenen Angaben gestiegen. Weitere 40 Prozent begleichen ihre Online-Einkäufe bei Digitec / Galaxus mit einer Kreditkartenzahlung.

Steigendes Risiko, sich zu verschulden
«Beim Online-Shopping birgt gerade die Bezahlung per Kreditkarte mit den Mindestraten das Risiko, in finanzielle Bedrängnis zu geraten. Ratenzahlungen haben hohe Schuldzinsen zur Folge, die bei langen Laufzeiten oft stark unterschätzt werden», warnt Max Klemenz, Co-Geschäftsleiter der Schuldenberatung Kanton Zürich. «Bei Zahlung auf Rechnung sehe ich das Risiko von zu vielen Bestellungen, die dann das Budget überlasten und nicht alle termingerecht bezahlt werden können. Oder es bleiben dann andere Rechnungen liegen, wie zum Beispiel die der Steuern oder der Krankenkasse», so Klemenz weiter.

Comparis-Consumer-Finance-Experte Michael Kuhn rät, beim Kauf auf Pump Vorsicht walten zu lassen: «Viele verschaffen sich mit einem Zahlungsaufschub Spielraum auf dem Konto. Gerade bei höheren Beträgen und für Menschen mit tiefen Einkommen kann das in der gegenwärtigen Situation aber ins Auge gehen.» So drohe bei einem Einkommensverlust durch Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit oder bei ausbleibenden Aufträgen bei Selbständigerwerbenden ein Finanzengpass.

Unternehmen legen Datenbanken über Kreditwürdigkeit an
Die Online-Händler schützen sich gegen drohende Finanzausstände mit einer Prüfung der Zahlungsfähigkeit, einer sogenannten Bonitätsprüfung. Bei einer schlechten Bonität blenden die Online-Shops unter anderem oft die Möglichkeit zur Zahlung per Rechnung aus.

Bei den meisten Online-Anbietern wird während des Bestellvorgangs in Echtzeit die Kreditwürdigkeit überprüft. Dazu schicken Firmen eine sogenannte Bonitätsanfrage an eine der Wirtschaftsauskunfteien. Diese melden den Kredit-Score an die Unternehmen zurück. Ist dieser schlecht, werden Zahlungsoptionen nicht angezeigt.

Oft fallen Möglichkeiten, die Waren erst nach Erhalt zu bezahlen, weg. Allein CRIF verzeichnet pro Jahr über 40 Millionen Abfragen und wird von über 2000 Webshops genutzt. «Das heisst: Der gläserne Kunde ist heute mehr denn je Realität», warnt Comparis-Experte Kuhn.

Neben der Kreditwürdigkeit werden auch die Produktart und der Status – ob Neu- oder Bestandskundschaft – geprüft. Einige Firmen durchleuchten alle Neukundinnen und -kunden bei einer Bestellung auf ihre Bonität. Die Migros hingegen prüft nur Personen, die auf Rechnung bestellen wollen. Für ihre Bestandskundschaft haben einige Firmen zudem eigene Datenbanken über die Kreditwürdigkeit angelegt, so zum Beispiel Digitec / Galaxus.

Gefahr von fehlerhaften Daten
Die eigene Bonität zu kennen, ist entsprechend wichtig. Denn tatsächlich ist die Gefahr von fehlerhaften Bonitätsbeurteilungen real; Daten von Personen mit gleichen Namen können verwechselt und bezahlte Ausstände nicht aktualisiert werden oder zu wenige Informationen zu einem schlechten Kredit-Score führen.

Eine schlechte Bonität hat mitunter fatale Auswirkungen auch abseits des Online-Shoppings. «Der Bonitätsgrad bestimmt nicht nur, ob eine Person auf Rechnung zahlen kann, sondern auch die Höhe von Versicherungspolicen und die Chancen auf eine Mietwohnung», so Kuhn. «Es lohnt sich daher, besonders aktuell die eigenen Bonitätsdaten zu überprüfen. Vor allem für Personen, die Zahlungsrückstände beglichen haben, oder bei Betreibungen», rät er.

Welche Kriterien beeinflussen die Zahlungswürdigkeit?
Die Zahlungswürdigkeit (Bonität) setzt sich aus verschiedenen messbaren Kriterien zusammen. Wirtschaftsauskunfteien sammeln dazu Daten zum Zahlungsverhalten und zur Identifikation. Als Quelle werden einerseits öffentlich zugängliche Daten, wie solche aus dem Handelsregister und den SHAB-Publikationen, herangezogen, andererseits Zahlungserfahrungsdaten von tausenden von Firmen. Aus diesen Informationen wird ein Kredit-Score pro Person berechnet. Diese persönliche Bonität kann bei Wirtschaftsauskunfteien eingesehen werden.

Die Bewertung ihrer Zahlungswürdigkeit kann jeder bei der Comparis-Bonitätsauskunft anfragen: www.comparis.ch/bonitaetsauskunft. Die gemeinsam mit der Wirtschaftsauskunftei CRIF erstellte Bonitätsauskunft zeigt die persönliche Bonität und eine Einstufung im Vergleich zur Schweizer Bevölkerung. Die persönliche Identifikation, die aus rechtlichen Gründen notwendig ist, wird durch sichere, digitale Übertragung vereinfacht.

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